Die Geschichte um den American Innovation and Choice Online Act
Verfolgt man in den letzten Jahren die politische Entwicklung in den USA, so kann man eine tiefe Spaltung der politischen Landschaft zwischen den Republikanern einerseits und der Demokraten andererseits feststellen. Es scheint nahezu unmöglich, sich vorzustellen, wie diese sich erbittert auf allen Ebenen bekämpfenden Parteien einen gemeinsamen Gesetzesentwurf verabschieden können.
Umso bemerkenswerter ist der Umstand, dass in der letzten Januarwoche 2022 der Justiz-Unterausschuss des amerikanischen Senats mit einer Mehrheit von 16 zu 9 Stimmen, also mit Stimmen der Demokraten und Republikaner gemeinsam den Gesetzesentwurf zum „American Innovation and Choice Online Act“ mehrheitlich angenommen haben.
Dieser Gesetzentwurf ist einer von mehreren Gesetzesinitiativen, mit denen der US-Kongress die Macht dominanter IT-Unternehmen eingrenzen will. Auslöser dieser Gesetzesinitiativen war eine Untersuchung des US-Repräsentantenhauses, die Geschäftspraktiken sogenannter „Gatekeeper“ und deren Auswirkungen auf den Wettbewerb untersucht hat.
Was ist denn nun der Regelungsinhalt des American Innovation and Choice Online Act?
In dieser Gesetzesinitiative wird festgelegt, das Unternehmen ab einer bestimmten Größe ihre eigenen Angebote nicht mehr bevorzugt behandeln dürfen, wie z.B. auch Wettbewerbern darf der Zugang zu Handelsplattform nicht willkürlich verwehren werden. Auch soll es verboten sein, nicht-öffentliche Daten, die beim Nutzen ihrer Dienste anfallen zu nutzen, um selbst etwa ein ähnliches Produkt auf den Markt zu bringen und es dann in den Suchergebnissen oder Empfehlungen gegenüber anderen zu begünstigen.
Lobbyschlacht bis zuletzt
Viele kleine IT-Firmen drängten die Abgeordneten das Gesetz anzunehmen. So hatten zum Beispiel der Suchmaschinenbetreiber DuckDuckGo, der Browserhersteller Brave oder das Anonymisierungsprojekt Tor in einem offenen Brief darauf hingewiesen, dass die großen Internet-Konzerne ihren Gatekeeper-Status auf dem Markt zum Nachteil von offenem Wettbewerb, Verbraucherinteressen und zur Blockade von Innovation nutzen.
Unter immensem Einsatz der Lobbyabteilungen der betroffenen großen Firmen, versuchten diese bis zuletzt, die Abstimmung scheitern zu lassen.
So argumentiert etwa Google, das Gesetz würde die technologische Führerschaft der USA, sowie die Sicherheit und Privatsphäre von Nutzern gefährden.
Amazon warnt vor Kollateralschäden, die kleinen und mittleren Unternehmen, sowie Verbraucher treffen würden.
Apple Chef Tim Cook wiederum soll persönlich zum Telefonhörer gegriffen haben, um auf Abgeordnete einzuwirken.
Gebracht hat das alles nichts. Für das Gesetz stimmten, trotz schwerer Bedenken auch kalifornische Senatoren, die gesetzlichen Eingriffen in Silicon Valley traditionell feindlich gegenüberstehen, trotzdem zu. Auch fünf Republikaner schlossen sich der überparteilichen Initiative an.
Das Ende der unbegrenzten Möglichkeiten für die Internetkonzerne?
Die vier großen Tech-Konzerne: Google, Amazon, Facebook und Apple konnten in den vergangenen Jahrzehnten von einer weitgehend unregulierten Landschaft profitieren. Hier scheint nun doch endlich langsam die politische Erkenntnis zu reifen, dass hier dringend drastische Gesetzesänderungen erforderlich sind, angesichts der erheblichen Gefahren für einen freien Wettbewerb, für Verbraucherschutzinteressen und auch zur Sicherung von Innovationen. Dieses ist so enorm wichtig, um einen weiteren Verfall der jeweiligen staatlichen Souveränitäten gegenüber diesen internationalen Monopolen sicherzustellen.
In diesem Zusammenhang sei auch die fast zeitgleiche Gesetzesinitiative der EU zum europäischen Digitale-Märkte-Gesetz (Digital Services Act), welche ähnlichen Regelungen enthält, erwähnt. Dazu mehr im nächsten Shout-Out.